Gesund Liegen – Dynamisch Liegen

1. Gesundheit ist ein Lebensvorgang – kein Konsumartikel
2. Leben heißt Bewegung – Schlafen auch
3. Das Lernvermögen des menschlichen Nervensystems
4. Den Körper restrukturieren – oder sich in der Matratze verlieren
5. Die Theorie von der „bandscheibengerechten“ Matratze
6. Die Schwachpunkte der Wirbelsäule.

1. Gesundheit ist ein Lebensvorgang – kein Konsumartikel

Beim Kauf einer Matratze kommt natürlich die Frage auf, ob es bestimmte gesundheitliche Kriterien gibt, die bei der Auswahl zu beachten sind. Denn es gibt heute kaum noch einen Menschen, der nicht in irgendeiner Weise von Kreuzschmerzen betroffen ist.

Auch wenn man an eine Matratze zunächst keine besonderen Ansprüche stellt, außer dass man sich wohl fühlen und gut darauf schlafen will, ist es nicht leicht, eine Entscheidung bei der Vielfalt des Angebots zu treffen. Manche Anbieter heben die Qualität ihrer Materialien hervor, andere eine besondere Verarbeitungstechnik, wieder andere spezielle Funktionen. Und alle preisen ihre Matratzen als gesund an. Um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen, versuchen die Verkäufer, ihre Aussagen wissenschaftlich zu begründen.

Nun ist es aber so, dass in der klassischen Medizin wenig Hinweise zu finden sind, wie sich der menschliche Körper im Liegen organisiert bzw. wie sich die Wirbelsäule im Liegen streckt und wie sich die Organe im Bindegewebe neu anordnen.
Ungeachtet dieser Tatsache behaupten die Matratzenverkäufer schlichtweg, dass es allein darum ginge, die Wirbelsäule zu entlasten und dass entsprechende Stützzonen vorhanden sein müssen. Hinzu kommen noch Begriffe wie „bandscheibengerecht“ oder „orthopädisch richtig“, um der Behauptung medizinische Autorität zu geben.
Wenn man die Publikationen und Präsentationen der bekannten Matratzenhersteller unter diesen Voraussetzungen durchsieht, kommt man zu der überraschenden Schlussfolgerung, dass es zur Zeit nicht einen Anbieter gibt, der die Dynamik des menschlichen Bewegungsapparates in seine Argumentation einbezieht.
Die Matratzenhersteller wissen offensichtlich weder etwas von der Integrationsfähigkeit des Nervensystems noch etwas über den Zusammenhang von „tonischer“ Muskelaktivität, willkürlicher Muskelaktivität und Entspannung (siehe Anmerkung unten).

Wir können das ohne weiteres behaupten, denn die Kenntnis von den dynamischen Funktionen des menschlichen „Bewegungsapparates“ hätte ein ganz anderes Auftreten zur Konsequenz. Die Beschäftigung mit der neuromuskulären Organisation des Körpers führt zu der Einsicht, dass der Körper grundsätzlich sehr beweglich ist und weitaus veränderungs- und anpassungsfreudiger, als man gemeinhin annimmt. Und diese Einsicht führt zu einer ganz anderen Liegekonzeption.

Die herkömmliche Art der Beratung bei Rückenproblemen ist bekannt: Man geht auf die Menschen ein, indem man sie in ihrer Orientierung auf ihr Leid bestätigt, während man andererseits den Glauben an die Festgelegtheit und zunehmende Versteifung des Körpers bestärkt. Eingestimmt auf diese Krankheitsperspektive, ergibt es sich mehr oder weniger von selbst, wie empfohlen, eine besonders stützende, „orthopädisch richtige“ Matratze zu kaufen.

Das Konzept des Dynamischen Liegens dagegen lenkt die Aufmerksamkeit des Menschen auf seine Lebendigkeit, seine Beweglichkeit und auf seine Möglichkeiten zur Veränderung. Wir (als Matratzenanbieter) wollen und können nicht so tun, als ob sich Gesundheit kaufen oder konsumieren ließe. Gesundheit bzw. Gesundung ist nichts Äußerliches und läßt sich am ehesten als ein Prozess beschreiben, an dem der Mensch innerlich und aktiv beteiligt ist. Das hat zur Konsequenz, dass bei der Beratung das Bett an die zweite Stelle tritt und der Mensch an die erste.

Anmerkung:
Die „tonische“ oder „Anti-Schwerkraft-Muskulatur“ richtet den Körper gegen das Schwerefeld der Erde aus, gesteuert durch das autonome Nervensystem. Die „willkürlichen“ und „bewussten“ Muskelaktivitäten überlagern oftmals diesen natürlichen Ausrichtungsprozeß. Und dies geschieht wiederum meistens völlig unbemerkt, weil sich viele Muskeltätigkeiten durch Gewöhnung dem Bewusstsein entziehen. So weiß auch kaum ein Mensch, dass alle Gefühlsimpulse mit Mustern von Muskelregungen verbunden sind.

2. Leben heißt Bewegung – Schlafen auch

Wenn wir sagen, der Mensch steht an erster Stelle, meinen wir damit, dass wir schwerlich ein „gesundes“ Bett verkaufen können, wenn wir nicht zugleich die Menschen ernst nehmen, die mit dem Bettenkauf auch nach Abhilfe für ihre Rückenprobleme suchen. Denn wir wissen, dass sich die Beschwerden nicht durch ein neues Bett beseitigen lassen, da sie mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht durch das bisherige Bett entstanden sind. Wenn man aber sein Bewegungsverhalten ändert, kann eine richtig ausgewählte Matratze dabei helfen, die angeregten Umstrukturierungsprozesse zu unterstützen. Wir wollen unseren Kunden aber nicht nur auf solche allgemeinen Zusammenhänge hinweisen, sondern ihm, soweit als möglich, konkrete Anregungen und praktische Hilfestellungen geben.

2.1   Stützung durch „Rückenprothesen“

Die verschiedenen Herangehensweisen an das Thema „Liegen und Schlafen“ sind Ausdruck einer unterschiedlichen Lebensauffassung. Das wollen wir in der Gegenüberstellung verdeutlichen. Wie es scheint, begreifen die meisten Matratzenanbieter den Menschen als ein Wesen, welches die Entwicklung zum aufrechten menschlichen Gang nicht richtig verkraftet hat. Daher, so die Meinung, muss die angeblich überlastete Wirbelsäule schonend behandelt und entlastet werden. Man könnte meinen, die Matratzenverkäufer stehen vor der Frage, die sich einem Verpackungstechniker stellt, der eine Figur mit unregelmäßigen Formen sicher lagern soll: in der Seitenansicht das nach hinten gewölbte Gesäß, in der Frontansicht die seitlich vorspringenden Schultern und das geschwungene Becken. „Verpackungstechnisch“ ist das natürlich kein Problem: Im Bereich von Schulter und Becken müssen Aussparungen („z. B, Schulterabsenkung“) geschaffen werden, während die schlankere Taille der Figur einer Unterfütterung („Lordosenstütze“) bedarf.
Die Philosophie der meisten Betten- und Matratzenhersteller geht nicht nur von vergleichbaren Überlegungen aus, sie kommt auch zu denselben Schlussfolgerungen, ohne den Unterschied zu berücksichtigen, dass es sich hier um die Lagerung eines lebendigen, dynamischen und sehr anpassungsfähigen Organismus handelt, dessen innere Natur durch Bewegung bestimmt wird.

2.2   Entwicklung von Körpergefühl

Unser dynamischer Ansatz orientiert sich an der Feldenkrais-Methode (siehe weiter unten) und beruht auf der Erfahrung, dass das „Alltagsphänomen Rückenschmerzen“ kein entwicklungsgeschichtlich bedingtes statisches Problem ist, sondern ein kulturelles. Denn schon in der Kindheit beginnt ein Prozess der Ausgrenzung von Bewegungsmöglichkeiten – dadurch, dass aus der Vielfalt der möglichen Haltungs- und Bewegungsmuster nur einige wenige ausgewählt und erlernt werden. Das führt dazu, dass dem erwachsenen Menschen keine Alternativen zur Verfügung stehen, wenn Beschwerden auftauchen. Die benötigt er aber, wenn die gewohnten und eingefahrenen Bewegungsabläufe Probleme verursachen. Es bleibt ihm dann nichts anderes übrig, als zu verharren oder in alter Manier fortzufahren und darunter zu leiden. Die Probleme werden sich auf diese Weise weiter verstärken bis möglicherweise ernsthafte Schäden auftreten.

Der dynamische Ansatz zielt dagegen darauf ab, dem Menschen neue Zugänge im Umgang mit seinem Körper zu eröffnen. Es geht darum, zu lernen, die alltäglichen und selbstverständlichen Bewegungsabläufe, also das, was man schon kennt, auf eine andere Weise zu tun. Denn nur so lassen sich überflüssige Anspannungen dauerhaft lösen und neue „Sackgassen“ (also Bewegungsengpässe) vermeiden. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die feinfühlige und differenzierte Wahrnehmung des eigenen Körpers.

2.3   Was der Besucher bei uns erwarten kann

Wir möchten unsere Erfahrung weitergeben, die wir in der Auseinandersetzung mit dem Thema „Liegen, körperliche Organisation und Matratzen“ in Theorie und Praxis gewonnen haben. So raten wir unseren Kunden zuerst, sich beim Probeliegen auf den einzelnen Matratzen so viel Zeit zu nehmen, dass sich die Streckmuskulatur des Rückens lockern kann. Denn erst dann wird sich die Sensibilität für eine genauere Beurteilung einstellen können. Wir möchten unseren Kunden weiterhin zeigen, wie man sich beim Matratzen-Probeliegen, dem häufigen Aufstehen- und Niederlegen, bewegen kann, ohne die Hals- und Lendenwirbelsäule unnötig zu strapazieren. Außerdem wollen wir dabei helfen, Beschwerden zu analysieren, die sich mit bestimmten Liegestellungen verbinden, um Alternativen zur gewohnten Problembehandlung herauszufinden.

Wer sich genügend Zeit und Ruhe zum Probeliegen nimmt, und durch etwas Geduld und Aufmerksamkeit eine Wahrnehmung für die Unterschiede entwickelt, wird sich schnell seiner Körperschwerpunkte und auch seiner Empfindlichkeiten bewusst werden. Er wird vielleicht entdecken, dass sich die Rückenkonturen durch die aufmerksame Wahrnehmung und Sensibilisierung des Körpers verändern, und dass der Bedarf an Abstützung eine relative Angelegenheit ist. Der Rücken bleibt nicht immer derselbe, was heute als angenehm empfunden wird, ist morgen vielleicht schmerzhaft und umgekehrt. Der Mensch selbst ist es, der seinen Rücken wieder in Besitz nehmen und sich verändern kann und nicht das Bett.

3. Das Lernvermögen des menschlichen Nervensystems

3.1  Die Besonderheit des Liegens – der Gegensatz zum Stehen.

Stehen, dass bedeutet die Ausrichtung des Körpers gegen die Schwerkraft. Da Kopf, Hals, Brust, Becken und Beine übereinandergeordnet sind, summieren sich die Gewichte von oben nach unten. Je tiefer ein Körperabschnitt positioniert ist, desto mehr Last muss von ihm getragen werden. Im Liegen dagegen hat jeder Körperteil nur sein eigenes Gewicht auszuhalten. Liegen, das ist kein „Stehen in horizontaler Lage“, sondern es bedeutet eine völlig andere Organisation des Körpers als im Stehen. Z. B. nimmt der Kopf eine andere Position zur Halswirbelsäule ein, die Schultern sinken ab und die S-Kurve der Wirbelsäule wird flacher, während sich das Becken leicht öffnet (siehe Abbildung). Z. B. nimmt der Kopf eine andere Position zur Halswirbelsäule ein, die Schultern sinken ab und ebenso die Wirbelsäule, wodurch ihre Schwünge flacher werden, während das Becken sich dreht (siehe Abbildung). Es ergibt sich dadurch auch eine andere Beziehung von Muskeln, Bändern, Bindegewebe, Knochen und Organen. Selbst wenn der größte Teil der Muskulatur, die den Körper im Stehen gegen die Schwerkraft aufrecht hält, nun entlastet ist, bedeutet das nicht, dass sämtliche Muskeln entspannt sind.

Die Ausrichtung des Körpers ändert sich im Liegen

Stehender Mensch in der Waagerechten

Ein stehender Mensch in die Horizontale gedreht (oben) im Vergleich zur Ausrichtung des Körpers eines liegenden (unten). Man sieht, dass sich der Körper anders ausrichtet und sich an die Auflagefläche anschmiegt.

Mensch, liegend, der Körper streckt sich

Liegender Mensch

Angewöhnte Muster von Muskelanspannungen, die sich mit innerlichen Einstellungen verbinden, bestimmen weiterhin den Körper. Diese sehr persönlichen, dem Menschen fast zur zweiten Natur gewordenen Anspannungen, lösen sich im Schlaf nur nach und nach. Und das geschieht durch Bewegung. Es gibt aber auch noch andere Bewegungsimpulse, die im Schlaf auftreten, z. B. Reaktionen auf Träume, auf starke Anspannungen und Gefühlseindrücke der vorangegangenen Tage.
Liegen und Schlafen sind also nicht nur Formen des Loslassens, sondern auch Formen des Ausgleichs, verbunden mit biologisch-organischen Prozessen: Der Körper streckt sich, er sammelt sich und restrukturiert sich. Diese Prozesse anzuregen und zu unterstützen ist das Ziel des „Dynamischen Liegens“. Dazu gehört sowohl eine bestimmte Art, mit dem Körper umzugehen, als auch eine bestimmte Konzeption von Bett und Matratze.

3.2  Die organische Funktion des „Bewegungsapparates“

Die heutzutage verbreiteten, alltäglichen Rückenschmerzen, von denen viele Erwachsene betroffen sind, weisen eigentlich keine besonderen Merkmale auf, außer, dass sie nicht notwendig wären. Sie kommen infolge von Überlastungen an organischen Schwachpunkten zutage. Die Ursachen liegen, wie schon oben beschrieben, in der kulturell bedingten Einseitigkeit der Bewegungsabläufe und in der Einschränkung der Bewegungsvielfalt unter dem Einfluss von Stress und psychischer Anspannung. Die für jeden Menschen typische Körperhaltung ist Resultat der Herausbildung und Eingewöhnung von individuellen Bewegungs- und Gefühlsmustern. Die so gewachsene Verkörperung persönlichen Verhaltens ist aber kein unausweichliches Schicksal, auch wenn diese Muster so vertraut sind, dass sie als natürlicher Teil der eigenen Person erscheinen.

Unser Optimismus hinsichtlich der Veränderungsmöglichkeiten des menschlichen Körpers liegt in seiner biologisch-organischen Struktur begründet und dem schier unbegrenzten Integrationsvermögen des Nervensystems. Denn die Ursache für die Verfestigung der Körperstrukturen liegt nicht an der Starrheit des Knochenbaus, sondern in der Eingefahrenheit und Beschränktheit des Zusammenspiels von Muskulatur und Nervensystem. Und diese Verbindung ist grundsätzlich offen und beeinflussbar!
Das menschliche Nervensystem besitzt die einzigartige Fähigkeit, sich durch individuelle Erfahrungen immer wieder neu zu strukturieren und neue Nervenverbindungen herzustellen. Das ist auch der Grund für die Leichtigkeit, mit der die Menschen (unabhängig vom Alter) lernen können.

So ist es zwar allgemein bekannt, dass die körperliche Haltung vom Nervensystem strukturiert wird. Aber es ist kaum bekannt, dass sich das Nervensystem und damit die Anatomie der Haltung durch alternative Bewegungserfahrungen neu organisieren läßt. Das ist die bedeutsame Entdeckung von Moshe Feldenkrais. „Bewußtheit durch Bewegung“, so nennt Feldenkrais seine Methode, ist organisches Lernen, bei dem man die grundlegende Variabilität der körperlichen Struktur erfahren kann. Das Lernen nach dieser Methode erfolgt durch leichte, spielerische Bewegungen, ohne Zielgerichtetheit und Leistungszwang. Dabei werden einfachste Bewegungsabläufe, die sich sonst durch ihre Alltäglichkeit und Selbstverständlichkeit der Wahrnehmung entziehen, neu entdeckt, in dem man dem „neugierigen“, immer lernbereiten Nervensystem funktionale Alternativen vermittelt. Dieses Lernen vollzieht sich so unmittelbar und natürlich wie das probierende Lernen eines Kleinkindes, nur dass man sich dabei bewußt ist, was man tut und dadurch eine ungeahnte Fülle von Veränderungen erfährt.

 Wirbelsäule eines stehenden Menschen horizontal dargestellt

Gut koordinierte Wirbelsäule eines stehenden Menschen in der Horizontalen

Eine gut ausgewogene Wirbelsäule eines stehenden Menschen in die Horizontale gedreht (oben). Bei einem liegenden Menschen wird der Körper gestreckt, so dass die Kurve der Wirbelsäule sich entsprechend streckt und flacher wird.

Der Körper sinkt in die Matatze ein

Form der Wirbelsäule auf einer weichen Matratze

Eine Lagerung des Körpers wie in der unteren Abbildung (die von einem der führenden Matratzenhersteller als ideal angepriesen wird) läßt den Körper an seinen Schwerpunkten tief einsinken, so dass sich die Wirbelsäule noch mehr krümmt anstatt sich zu strecken. Das Gewicht des Gesäßes zieht das Becken nach unten, so dass ein entsprechender Gegendruck im Kreuz entsteht, die eine Streckung der Wirbelsäule unmöglich macht.

4. Den Körper restrukturieren oder in der Matratze verlieren

 Der „organische Weg“ und der „mechanische Weg“

Dynamische EntspannungStatische Entlastung
Erholung ist ein Prozess, vollständige Spannungslosigkeit dagegen bedeutet Stillstand. Der Erholungsprozess wird eingeleitet durch Entlastung und Bewegung. Es handelt sich dabei um ein komplexes Zusammenspiel zwischen Muskeln, Bändern, Bindegewebe und Zentralnervensystem.orientiert an der Fiktion einer „anatomisch richtigen Lagerung“ versuchen die „bio-mechanisch“ orientierten Konstrukteure eine systematische Entlastung zu schaffen. Der Körper soll so tief in die Matratze einsinken, dass er Punkt für Punkt gleichmäßig abgestützt wird.
Bewegung im SchlafPassivität
Im Schlaf finden nicht nur die Erholungsprozesse des vegetativen Organismus statt. Auch die Bewegungsorgane sind bestrebt, sich neu zu organisieren. Und eine Neuausrichtung der muskulären Abläufe ist ohne Bewegung nicht möglich. Die Matratzen, die nach dem Konzept des „Dynamischen Liegens“ gefertigt werden, unterstützen diesen natürlichen Bewegungsfluss und motivieren den Körper, sich zu strecken und zu räkeln.Die konsequent weiche, punktelastische Lagerung hat den Effekt, dass der Körper vom „Boden“ „abhebt“ und gewissermaßen ins Schwimmen kommt. Für eine emfindliche Puppe wäre das sicher eine optimale Lagerung, da sie so nirgends anstoßen kann. Für einen lebendigen Organismus aber ist dieser fehlende Bodenkontakt wenig förderlich. Der „Bewegungsapparat“ erfährt sich dadurch wie gefangen und wird zur Passivität verurteilt.
Postives FeedbackDesorientierung
Das bedeutet: den Körper wahrnehmen und ihm Orientierung ermöglichen. Je deutlicher der Kontakt mit der Unterlage ist, desto leichter kann sich der Körper organisieren. Eine relativ feste und ebene Unterlage vermittelt dem Körper ein klares Gefühl seiner Konturen und Schwerpunkte. Die Unterlage wirkt dabei wie ein Spiegel für das Nervensystem.Auf einer weichen, schaumigen Matratze verschwimmt das Gefühl der Körpergrenzen und damit verschwinden auch die Orientierungsmöglichkeiten des Körpers. Der Körper „verliert“ sich in der Matratze. Derart „abgeschaltet“ hat er keine Möglichkeiten, sich neu zu organisieren und sich seinerseits an die Unterlage anzuschmiegen.
EigendynamikRuhigstellung
Das Konzept des „Dynamischen Liegens“ geht von der Erfahrung aus, dass sich der Rücken und der Körper insgesamt während der Nachtruhe umstrukturieren. Das führt zu der Einsicht, dass der Bedarf an Abstützung eine relative Angelegenheit ist, abhängig von den Tagesbelastungen und von der Fähigkeit, sich daraus zu lösen.Der Rücken hat unter diesen Bedingungen keinen Anreiz, sich zu strecken und hat auch kaum die Möglichkeit dazu. Selbst wenn sich der große Psoas-Muskel zwischen Lendenwirbel und Oberschenkelknochen genügend entspannt, kann sich das Kreuz nicht strecken, da es infolge der Abstützung durch die Matratze fixiert wird.
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Die Wirbesäule kann sich nicht strecken

Stark abgestützter Rücken

Die Wirbelsäule wird durch die Abstützung in ihrerPosition festgehalten und kann sich nicht strecken, auch dann nicht, wenn sich die großen Psoas-Muskeln (zwischen Lendenwirbel undOberschenkelknochen) entspannt haben.

Liegender auf festem Untergrund

Liegender mit gestreckter Wirbelsäule

Lagerung auf festem Untergrund. Die Wirbelsäule kann sich strecken,
sobald sich Psoas und Rückenstrecker lockern.

Um Missverständnisse zu vermeiden, möchten wir betonen, dass das Konzept des „Gesund liegen – dynamisch liegen“ nicht etwa bedeutet, auf die Stützung des Rückens zu verzichten. Es geht vielmehr nur darum, dem Rücken nicht mehr Abstützung zu geben, als er bedarf, aber auch nicht weniger. Zu starke Stützung blockiert den Prozeß der Re-Strukturierung, eine zu ebene Lagerung dagegen kann unter Umständen Schmerzen hervorrufen, z. B. bei starken Verspannungen oder bei einem ausgeprägten Hohlkreuz. Schmerzen sind zwar oftmals Teil eines Heilungsprozesses, wenn sie aber das erträgliche Maß überschreiten, verhärten sich die verspannten Muskelstränge und unterbinden ebenfalls den Re-Strukturierungsprozess.

Beine angezogen und Kopf geneigt vermindert Zugspannung auf die Wirbelsäule

Entlastungsposition

In dieser Haltung kann die Muskulatur keinen Zug auf die Wirbelsäule ausüben, so dass sich die Lendenwirbel uneingeschränkt strecken können. In dieser Stellung läßt sich eine wirkungsvolle Rückenübung ausführen. Allerdings müssen Sie sich dazu auf den Boden legen. Drücken Sie dann mit den Fersen in den Boden, so dass das Becken etwas in Richtung Kopf rollt (das Steißbein hebt sich). Lassen Sie dann wieder los und rollen das Becken in Richtung Füße (das Steißbein neigt sich zum Boden). Diese Übung wird auch Beckenschaukel genannt, sie fördert die Harmonisierung der Wirbelsäule. Der Effekt läßt sich noch steigern, wenn man die Schaukelbewegung langsam in diagonaler Richtung übergehen läßt, erst zu einer Seite, dann zur anderen.
Diese Übung sollte ohne Kraft, langsam, sanft und mit Aufmerksamkeit ausgeführt werden.

5. Die Theorie von der „bandscheibengerechten“ Matratze

Wie schon angesprochen, gibt es ein sehr verbreitetes Modell, das als Beweis für das Konzept der „orthopädisch richtigen Matratze“ gelten soll. Dabei geht es um die Abbildung einer auf der Seite liegenden Frau, die dem Betrachter den Rücken zuwendet und dabei ihre schnurgerade Wirbelsäule demonstriert. (Siehe Abb.)  Zu diesem Bild wird eine Geschichte über die Bandscheiben erzählt, die suggeriert, dass es eine Patentlösung für die verbreiteten Rückenprobleme gäbe.

Bandscheiben, das sind elastische, wasserbindende Puffer, die wie hydraulische Pressen zwischen den einzelnen Wirbeln lagern. Durch die Belastungen des Tages verlieren die Bandscheiben einen Teil ihrer Flüssigkeit, während sie sich des Nachts wieder damit anreichern. Die Geschichte erzählt nun, dass sich die Bandscheiben nur auf den Matratzen, bei denen sich die Wirbelsäule gerade ausrichtet, wieder auffüllen können, und dass jede anderweitige Ausrichtung diesen Prozeß behindert und damit ungesund für den Rücken ist.

Steife Liegeposition, geschichtet wie ein Block Hozl

Die sogenannte Bandscheibenschonstellung

5.1  Die bewegungstherapeutische Antwort

Wäre diese Theorie richtig, so würde das bedeuten, dass man sich auch am Tage davor hüten sollte, den Rumpf öfters zu beugen, um genügend Reserven an Bandscheibenflüssigkeit zu behalten. Es würde außerdem bedeuten, dass die gesamte Menschheit, bevor es diese Matratzen gab, immer rückenschädigend geschlafen hat.
Die Belastungen der Bandscheiben ergeben sich aber generell aus der aufrechten Haltung des Menschen, bei der die Wirbelsäule das gesamte Gewicht des Oberkörpers aufnehmen und ausbalancieren muss. Sobald sich der Körper in der Horizontalen befindet (d. h. in der Liegestellung), können sich die Bandscheiben wieder auffüllen. (x) Leichte Drehungen und Neigungen der Wirbelsäule sind dabei durchaus natürlich und behindern nicht deren Regeneration. Der Transport von interzellulären Flüssigkeiten wird sogar noch unterstützt, wenn man von Zeit zu Zeit die Liegeposition verändert. Dabei verändert sich natürlich auch jedesmal die Ausrichtung der Wirbelsäule.

Unabhängig davon gibt es wohl keinen Menschen, der die ganze Nacht die abgebildete besondere Seitenlage einnehmen wird. Sie ist wegen der gestreckten, übereinanderliegenden Beine ziemlich instabil und darüber hinaus noch steif und unbequem. Die meisten Menschen werden die Beine etwas anwinkeln und die untenliegende Schulter in Richtung Kopf oder Becken schieben und dabei etwas nach hinten oder nach vorne verlagern, um sich besser an die Unterlage anschmiegen zu können und damit das Auflagegewicht zu verteilen (entsprechend der Abbildung unten).

Der Oberkörper leicht geneigt zur Schulterentlastung, das obere Bein vorgeschoben

Natürliche entspannte Schlafposition

(x) Bei einem Experiment an der Universität Ulm wurde eine Messelektrode zur Druckmessung in die Bandscheibe eines lebenden Menschen implantiert und dann der Druck bei verschiedenen Körperhaltungen und Liegestellungen gemessen. Es wurde festgestellt, dass es der Druck in der Bandscheibe unabhängig davon ist, wie die Wirbelsäule im Liegen ausgerichtet wird. Eine detailliertere Beschreibung des Versuchs finden Sie hier.

6. Die Schwachpunkte der Wirbelsäule

Warum treten die meisten Beschwerden an der Hals- und an der Lendenwirbelsäule auf? Durch das bewegungsarme Alltagsleben „rostet“ die Beweglichkeit von Schultergürtel, Brustwirbelsäule und Becken ein, d. h., es bilden sich Verwachsungen aus einem schwammigen, faserigen Gewebe. Aufgrund dieser Versteifung erfolgen alle Drehbewegungen schließlich nur noch über wenige Hals- und Lendenwirbel. Diese werden durch die starke Dauerbelastung schließlich überbeansprucht, ebenso die dazwischen gelagerten Bandscheiben. Das Konzept „Gesund liegen – dynamisch liegen“ empfiehlt Übungen, die das Nervensystem in die Lage versetzen, Belastungen und Drehungen wieder über die ganze Länge des Rückens zu verteilen. Die Beweglichkeit der Wirbelsäule kann wiedergewonnen werden, so dass sich eine kontinuierlich fließende Verbindung zwischen Kopf und Becken herstellt.

6.1  Kleine Schritte verbessern das Wohlbefinden

In vielen Fällen ist Hilfe durch ganz einfache Schritte zu erreichen, z. B. bei Kreuzschmerzen, soweit diese von Verspannungen und Überlastungen (bei einem ausgeprägten Hohlkreuz) herrühren. Es genügt dann manchmal, die Seitenlage einzunehmen und die Beine anzuwinkeln, um den Körper durch Bildung eines „Rundrückens“ wieder in Harmonie zu bringen.

Es gibt nicht nur eine, sondern viele „richtige“ Liegestellungen, und oftmals lassen sich bestehende Verspannungen durch bewusste, einfühlsame Positionswechsel ausgleichen. Darüber hinaus gibt es für fast jedes Problem einfache, wirkungsvolle Bewegungsübungen, die wir Ihnen gerne bei der persönlichen Beratung vermitteln.

Dehnung des Rückens durch eingerollte Körperhaltung

Rundrücken

Rundrücken

Die Rückenmuskeln werden gestreckt und die großen Psoas-Muskeln entspannt. Sollte das nicht reichen, empfehlen wir Ihnen, sich eine kleine Rolle von etwa 6 bis 10 cm Durchmesser (z. B. ein zusammengerolltes Badetuch) zwischen die gebeugten Knie zu legen. Schieben Sie dann das obere Bein auf der Rolle einige Zeit behutsam und aufmerksam vor und zurück. Wenn Sie dann diese Übung auf der anderen Seite wiederholen, werden Sie bald eine Entlastung im Kreuz verspüren.

Rückendehnung im Kreuzbereich

Übung mit der Beckenrolle

Einfache Übung, um das Kreuz einmal andersherum zu biegen: Formen Sie eine Wolldecke zu einer etwa 8 cm starken Rolle. Legen Sie sich dann auf den Boden, stellen Sie die Beine angewinkelt auf und schieben die Rolle quer unter das Becken. Wenn Sie nun mit Hilfe der Hände die Beine fest an die Brust ziehen, werden Sie die heilsame Erfahrung machen, dass die schmerzenden Lendenwirbel nach unten zu dehnen und dass sich auch die empfindlichen Nackenwirbel fester an den Boden schmiegen.

Entspannung durch unwillkürliche Dehnung

Verdrehte verknäulte Liegeposition

Auch eine ungewöhnliche und verdreht anmutende Körperstellung kann zur Harmonisierung beitragen. Die „Lieblingsstellung“ mancher Menschen entspringt oftmals einem natürlichen Ausgleichsbedürfnis. Versuchen Sie doch einmal Ihre Lieblingsstellung mit Absicht zu verstärken bzw. zu übertreiben. Sie geben dadurch der Muskulatur die Möglichkeit loszulassen.

6.2  Den Kopf nicht vergessen

Der andere kritische Punkt im Verlauf der Wirbelsäule ist der Übergang vom Kopf zum Rumpf. Für die verbreiteten Verspannungen im Bereich der Nackenmuskulatur werden neuerdings speziell geformte Stützkissen aus Schaumstoff angepriesen. Fest geformte und stark abstützende Kissen haben aber den Nachteil, dass sie die Beweglichkeit des Kopfes behindern. Ja, der Kopf mag sich gar nicht mehr bewegen, weil alle anderen Positionen als die von der Form vorgegebenen, unbequem sind. Um eine Drehung zu ermöglichen, muss der Kopf außerdem etwas angehoben werden, und das belastet wiederum die Halswirbelsäule. Wir meinen aber nicht, dass man auf die Stützung des Nackens verzichten sollte. Optimale Anpassung bieten z. B. formbare Kissen aus Buchweizen-, Dinkel- oder Hirseschalen. Diese Kissen ermöglichen eine gute Stützung des Nackens, ohne die Beweglichkeit des Kopfes einzuschränken. Die Form des Kissens ergibt sich dabei wie von selbst: Durch Bewegungen des Kopfes schieben sich die Schalen in die gewünschte Lage. Im Gegensatz zu Schaum und zu Federn ermöglichen die Schalen eine flexible Anpassung, ohne dabei Druck auszuüben. Die Festigkeit der Kissen verhindert zugleich ein allmähliches Absinken des Kopfes in eine unangenehme Position.

Steife Körperbeiche erzeugen hohe Belastungen an den Verbindungstellen

Der blockierte Mensch (Ida Rolf)

Abbildung links: Der blockierte Mensch
Bedingt durch den steifen Schulterblock, den starr gehaltenen Brustkorb und das unbewegte Becken, reduziert sich die Drehung der Wirbelsäule auf zwei Bereiche, die dadurch zu Problemzonen werden.

Abbildung rechts oben:
Kopf und Halswirbelsäule (auf einem geformten Schaumkissen) werden durch das Kissen in der angenommenen Idealpositon festgehalten. Die Bewegung des Kopfes kann nur noch über ein oder zwei Halswirbel erfolgen und wirkt sich daher noch belastender aus.

Abbildung rechts unten:
Variable Stützung durch ein mit Schalen gefülltes Kissen. Die Schalen können durch Kopfbewegungen beliebig verschoben und dem Nacken angepaßt werden.

Literaturhinweise

Wenn Sie weitere Informationen möchten, wenden Sie sich bitte an uns. Auf Wunsch teilen wir Ihnen gerne die Adressen von Feldenkrais-Lehrer/Innen in Ihrer Nähe mit. Anleitungen für einfache Übungen werden u. a. beschrieben in dem Buch „Leben ohne Rückenschmerzen“ von Ruthy Alon, erschienen im Junfermann Verlag, Paderborn 1993. Ausführliche Erläuterungen der Methode finden Sie in den Schriften von Moshe Feldenkrais: „Bewußtheit durch Bewegung“, Suhrkamp, Taschenbuch st 429, Ffm 1978 „Das starke Selbst“ Suhrkamp, Taschenbuch st 1957, Ffm 1992 „Die Entdeckung des Selbstverständlichen“, Suhrkamp, Taschenbuch st 1440, Ffm 1987 „Die Abenteuer im Dschungel des Gehirns“, Suhrkamp, Taschenbuch st 663, Ffm 1981 „Der Weg zum reifen Selbst“, Junfermann Verlag, Paderborn 1994 „Die Feldenkrais Methode in Aktion“, Junfermann Verlag, Paderborn 1990

Kontakt zu Feldenkrais-Lehrern (Informationen und Adressen) finden Sie unter der Internetadresse www.feldenkraisnetwork.de sowie unter www.feldenkrais.de

Als wichtigste korrespondierende Methoden zu der von Moshe Feldenkrais möchten wir auf „Rolfing“ bzw. auf die „Strukturelle Integration“ nach Ida Rolf hinweisen. (Information und Kontakt unter www.rolfing.de)  sowie auf „Eutonie“ nach Gerda Alexander (Information und Kontakt unter www.eutonie.de).

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